Überfettung oder Laugenunterschuss

Korrekte Rechen-Methode, um freies NaOH in Seifen zu vermeiden

Überfettung oder Laugenunterschuss

Seifensieder, die bereits seit einigen Jahren Seifen herstellen, finden in Foren und neueren Literaturen oft den Begriff Laugenunterschuss und fragen sich, was es damit auf sich hat. Tatsächlich ist der Begriff eine Ablöse der bisher gebräuchlichen „Überfettung“. Doch wieso spricht man überhaupt vom Laugenunterschuss und was ist eigentlich korrekt, Überfettung oder Laugenunterschuss?

Überfettung oder Laugenunterschuss – Sind Seifen wirklich überfettet?

Fette und Öle besitzen eine Verseifungszahl. Mit deren Hilfe kann die benötigte Laugenmenge errechnet werden, die für die vollständige Verseifung der Fette und Öle nötig ist. Da Fette und Öle jedoch Naturprodukte sind, schwanken diese Werte und werden daher in der Regel als Mittelwert angegeben. Mit der Nutzung des Mittelwerts verfährt man in der Regel gut.

Als Sicherheitsfaktor, also damit in der Seife kein freies NaOH mehr vorhanden ist, gibt man immer etwas mehr Fett und Öl hinzu. Man hat nach dieser Betrachtungsweise also einen Überschuss an Fett und Öl. Dies bezeichnete man früher als Überfettung. Die Überfettung ist also der Teil Fett, der nicht verseift wird, so die gängige Meinung.

Hier mehr zur Überfettung nachlesen: Seife überfetten

Überfettung? Es bleiben keine eigentliche Fette über!

Klar ist, dass die Lauge unsere Fette und Öle für die Verseifung nutzt. Da wir nicht steuern oder voraussehen können, was genau von der zugegebenen Lauge verseift wird, ist der Begriff Überfettung nicht komplett korrekt gewählt. Denn die Lauge verseift nicht ausschließlich vollständige Fettmoleküle. Übrig bleiben dann eben auch mal halb oder teilweise unverseifte Fettmoleküle, die dann aus chemischer Betrachtung so eben keine Fette mehr sind. Somit haben wir keinen echten „Fettüberschuss“ in der späteren Seife. Daher wird heute oft von einem sogenannten Laugenunterschuss gesprochen. Es wird also angegeben, wie hoch der Unterschuss an Lauge gegenüber der Fettmenge im Gesamtrezept ist.

Ob Laugenunterschuss oder Überfettung: Hauptsache die Fette werden nicht zu 100 % verseift

Was genau verseift wird beziehungsweise wie hoch der Anteil der reinen Fettmoleküle ist, der aufgrund der niedriger berechneten Laugenmenge übrig bleibt, das bleibt für uns ein Geheimnis. Klar ist aber, dass je höher der Überfettungsgrad beziehungsweise nach neuerer Sicht der Laugenunterschuss ist, desto stärker fettet die Seife zurück.

Einen genauen Wert können wir aufgrund der natürlichen Schwankungen der Zusammensetzung von Fetten und Ölen ohnehin nicht auf dem Papier berechnen. Daher ist es eigentlich nicht unbedingt relevant, ob wir nun Überfettung oder Laugenunterschuss errechnen. Es handelt sich lediglich um eine Bezeichnung. Dem einen Sieder ist die korrekte Bezeichnung wichtig, für den Anderen spielt das eine untergeordnete Rolle. Die Berechnung von Überfettung und Laugenunterschuss erfolgt auf gleiche Art.

Du musst somit nichts anders machen als gewohnt.

Laugenunterschuss und Überfettung als Sicherheitsfaktor

Das Wichtige ist eben, dass nie die 100 % passende Laugenmenge zur vollständigen Verseifung aller im Rezept enthaltenen Fette und Öle sowie Wachse verwendet wird. Sondern, dass wir eben immer einen gewissen Überfettungsgrad oder eben Laugenunterschuss wählen. So können wir nämlich sicher sein, dass die selbst gemachte Seife durch einen zu hohen Laugenanteil nicht zu scharf ist und zudem kleinere Rechen- oder Wiegefehler ausgleichen.

Das Märchen der Überfettungsöle

In früheren Literaturen ist häufig von Überfettungsölen die Rede. Auch ich habe diese Theorie anfangs blind übernommen und hin und wieder praktiziert, obwohl mir die Vorgehensweise auch bei den ersten Seifenversuchen suspekt war. Man ging nämlich davon aus, dass bei kalt gerührten Seifen am Ende des Herstellprozesses ein sogenanntes Überfettungsöl zugesetzt werden kann. Dabei wurden überwiegend sehr hochwertige Pflegeöle verwendet. Die Vorgehensweise war so:

  1. Fette und Öle mit der Lauge wie gewohnt mischen und Masse zum Andicken bringen.
  2. Vorher ausgewähltes Überfettungsöl (das bei der NaOH-Berechnung mitberücksichtigt wurde) kam erst nach dem Andicken in den Seifenleim.

In der Theorie meinte man, dass das zuletzt zugegebene Öl nicht verseift werden würde und man daher von dem wertvollen Pflegeöl profitieren könnte.

Natürlich macht diese Praxis aber wenig Sinn. Denn der Verseifungsprozess ist ja nach dem Anrühren des Leims noch lange nicht abgeschlossen. Verseifung findet auch in den Stunden nach dem Anrühren statt. Wir formen schließlich auch erst nach mindestens 24 Stunden eine feste Seife aus. Somit wird natürlich auch das Öl, das am Ende des Herstellprozesses zugegeben wird, mit verseift.

Man kann also nicht steuern oder vorab bestimmen, welche Bestandteile von der Lauge zur Verseifung genutzt werden. Sehr hochwertige, preisintensive Pflanzenöle sollten daher vielleicht besser zur gezielten Hautpflege Verwendung finden.

Überfettungsöle bei der Heißverseifung

Überfettung Heißverseifung
Zugabe Überfettungsöl und Milch bei der Heißverseifung

Ein hochwertiges Öl als Überfettungsöl macht aber bei heiß gerührten Seifen durchaus Sinn. Denn Seifen, die im Heißverfahren hergestellt werden, verseifen tatsächlich bereits während dieses Prozesses. Das am Ende des Herstellverfahrens zugegebene Pflanzenöl dient dann dazu, die Seife etwas fließfähiger zu machen und kann so tatsächlich zum Überfetten genutzt werden. Es findet ja keine weitere Verseifung mehr statt und das Öl bleibt unverseift in der Seife.

Heißverseifung mit Überfettungsöl

Die Heißverseifung wird auch als Heißverfahren hot process HP) bezeichnet. Sie ist weniger gebräuchlich als die Kaltverseifung (cold process CP), bei der wir Fette und Öle zusammen mit der Lauge zu Seifenleim emulgieren und dann in eine Seifenform füllen.

Streng gesehen gibt es bei der Seifenherstellung keine echte Kaltverseifung. Denn wir arbeiten anfangs zwar mit abgekühlter Lauge und abgekühlten Fetten, doch während der Herstellung der Seife wird trotzdem viel Wärme erzeugt. Die Seife in der Form wird, vor allem während der Gelphase, sehr heiß. Dennoch bezeichnet man die Methode, bei der man nicht bewusst von Außen Hitze zuführt, als Kaltverfahren.

Wie bereits erklärt, kann man bei der Kaltverseifung kein Überfettungsöl zugeben. Beziehungsweise macht dieses Vorgehen keinen Sinn. Denn die eigentliche Verseifung der Fette und Öle findet erst dann statt, wenn wir ohnehin sämtliche Öle zum Ansatz gegeben haben. Somit würde auch unser oft hochpreisiges „Überfettungsöl“ mitverseift werden.

Wer aber gerne mit einem tollen Überfettungsöl arbeiten möchte, kann das mittels der Heißverseifung machen.

Die Herstellung einer Seife mittels Heißverfahren hat einige Vorteile:

  1. Du kannst ein Überfettungsöl einarbeiten, das wirklich nicht verseift wird. Damit hat die Zugabe des Öls einen echten Nutzen für die Haut.
  2. Seifen, die im Heißverfahren hergestellt wurden, benötigen keine lange Reifezeit. Sie müssen lediglich noch ein bis zwei Wochen trocknen, sind im Prinzip aber sofort nach der Herstellung verwendbar.
  3. Du kannst bei der Heißverseifung auch die Parfümöle verwenden, die beim Kaltverfahren immer Probleme bereiten. Das wären zum Beispiel Düfte, die den Seifenleim sehr schnell andicken lassen. Das ist bei der Heißverseifung kein Problem.

Rezept Heißverseifung

Hier möchte ich dir ein Grundrezept für die Heißverseifung vorstellen. Das Rezept kann natürlich auch etwas abweichen und nach Belieben variieren:

  • Etwa 30 % Flüssigkeit wie destilliertes Wasser (bezogen auf die Gesamtfettmenge des Rezepts).
  • 60 % feste Fette, davon sollten 10 bis 25 % Schaumfette wie Kokosöl oder Babassuöl sein.
  • 40 % Pflanzenöle nach Wahl.
  • Etwa 2 EL Sauermilchprodukt pro 500 ml Gesamtfettmenge.
  • 2 % Duft.

Wenn du ein Überfettungsöl benutzen möchtest, ziehst du die Menge von der Gesamtfettmenge ab. Das Öl kommt erst am Ende des Prozesses zur Seife.

Herstellung Heißverseifung mit Überfettung

  1. Seifenrezept ausdenken, das etwa von der Zusammensetzung der Zutaten etwa dem obigen Beispielrezept entspricht.
  2. Seifenleim unter Beachtung der Sicherheitsregeln wie gewohnt herstellen.
  3. Deckel auf den Topf mit Seifenleim und den Topf dann in den Ofen oder auf den Herd stellen.
  4. Lass den Topf einfach so lange im Ofen (bei etwa 100 °C), bis die Seifenmasse glasig wird und ähnlich wie Vaseline aussieht.
  5. Anschließend Topf von der Hitze nehmen. Jetzt kann das Sauermilchprodukt wie Quark zur Seife gegeben werden. Auch das Überfettungsöl kann jetzt in den Topf.
  6. Beduften und nach Wunsch färben.
  7. Die fertige Seife in eine Form spachteln, isolieren und 24 Stunden ruhen lassen.

Das war es auch schon. Die Herstellung einer Seife mittels Heißverseifung ist also wirklich einfach und schnell gemacht. Aber natürlich muss das Ganze auch Nachteile haben. Die fertige Seife ist zwar theoretisch sofort verwendbar, da die Verseifung bereits stattgefunden hat. Doch etwas nachreifen und trocknen sollte sie dennoch. Nach dem Ausformen der Seife am Folgetag muss sie daher noch gut zwei Wochen trocknen. Zudem ist die Textur der Seife nicht so glatt und schön wie bei einer Seife aus dem Kaltrührverfahren. Marmorierungen, wie du sie im Kaltrührverfahren machen kannst, sind bei der Heißverseifung nicht gut machbar.

Außerdem wird bei dieser Herstellungsmethode natürlich wesentlich mehr Energie verbraucht, was natürlich auch nicht vergessen werden darf.

Allerdings ist die Heißverseifung eine Möglichkeit, ein Überfettungsöl in der Seife unterzubringen. Und die Seife muss nicht wochenlang reifen, ehe sie benutzt werden darf.

Wenn du dich für die Herstellung einer Seife im Heißverfahren interessierst, lies dir doch bitte den Artikel zur Heißverseifung durch. Darin findest du viele Tipps und Tricks und eine Anleitung mit Bildern.

Fazit zum Thema Heißverseifung mit Überfettungsöl

Wie du siehst, gibt es also einige Vorteile als auch Nachteile der Methode des Heißverfahrens. Die meisten Sieder setzen weiterhin auf das Kaltverfahren, schon alleine deswegen, da man damit die schöneren Marmorierungen realisieren kann und auch die Textur der Seife feiner ist. Wenn du aber gerne ein hochwertiges Überfettungsöl verarbeiten möchtest, dann ist das Heißverfahren auf jeden Fall dem Kaltverfahren vorzuziehen.

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